Einleitung
In diesem Artikel werden Wunderberichte aus dem Umfeld des Christentums mit denjenigen aus anderen Religionen verglichen. Es wird gezeigt, dass die Wunder, die Jesus von Nazareth zugeschrieben werden, besser attestiert sind als solche der anderen am meisten verbreiteten Glaubensrichtungen. Dazu wird belegt, dass einige dieser anderen religiösen Traditionen nicht über die nötigen theologischen Rahmenbedingungen verfügen, die es einem übernatürlichen Akteur (z.B. Engel oder Gott) erlauben würden, in den natürlichen Lauf der Dinge einzugreifen. Letztlich wird vorgeschlagen, dass möglicherweise wahrheitsgetreue Wunderberichte (innerhalb anderer religiöser Traditionen) von Fall zu Fall untersucht werden sollten und nicht jeder derartige Bericht von vornherein abgelehnt werden muss. Aus christlicher Sicht kann in solchen Fällen einerseits eine natürliche Erklärung herangezogen werden, oder es kann sich um das Ergebnis dämonischer Aktivität handeln.
Wunderberichte im Christentum
Die Wunderberichte im Leben von Jesus werden durch eine Reihe von Daten unterstützt. Die meisten Gelehrten folgern, dass Jesus – in irgendeiner Form – Wunder gewirkt hat. Habermas denkt, dass vermutlich einer der Hauptgründe dafür ist, dass diese durch mindestens vier Quellen mehrfach attestiert werden (Markus, M, Q und Johannes).1 Den meisten Gelehrten zufolge liegt die späteste dieser vier Quellen (das Evangelium nach Johannes) nicht später als ca. 60 Jahre nach den eigentlichen Ereignissen. Gemäss Meier sind die Wunderberichte genauso gut belegt wie nahezu jedes andere Ereignis im Leben von Jesus. Damit ist gemeint, dass diese sich untereinander gut ergänzen und bestätigen. Ähnlich folgert Telftree aus seiner umfassenden Analyse der Wunderberichte: „Es gibt fast keinen anderen Aspekt im Leben des historischen Jesus, der so gut attestiert ist wie der, dass er unvergleichliche Wunder ausgeführt [engl. «conducted»] hat.“2 Bei diesen vier Quellen handelt es sich somit um mehrere frühe Quellen, die sich untereinander bestätigen und ergänzen.
Wunderberichte in anderen Religionen
Im Vergleich zu den Heilungen und Exorzismen von Jesus liegen nicht genügend Daten vor, die es uns erlauben würden, Wunderberichte aus anderen antiken Quellen zu belegen. Yamauchi bemerkt: „Wir finden zeitnahe Wunderberichte lediglich bei Jesus.3
Der traditionelle Buddhismus verfügt nicht über das Konzept eines Gottes, der auf übernatürliche Art und Weise in die Geschehnisse der Welt eingreift. Weil die Lehre von Siddharta Gautamas (dem Begründer des Buddhismus) die Möglichkeit von übernatürlichen Eingriffen ausschliesst, folgert Clark, dass Gautama wohl nicht auf Wunder als Beleg für die Wahrheit seiner Lehre zurückgreifen konnte.4 Nichtsdestotrotz könnte man einwenden, dass in Mahāvastu 3.115 (ein buddhistischer Text) von einer Geschichte die Rede ist, in der Buddha über die Fähigkeiten zu Fliegen und Funken zu schiessen verfügt. Dieser Text wird allerdings einige Hundert Jahre nach Gautama datiert.5
Im Hinduismus werden pantheistische von polytheistischen Schulen unterschieden. Nur die letztere der beiden misst übernatürlichen Wesen die Fähigkeit zu, in die natürliche Abfolge der Ereignisse auf übernatürliche Weise einzugreifen.6 Clark legt nahe, dass praktizierte yogische Kräfte (mithilfe derer Menschen zum Beispiel ausserordentliche lange Zeit ohne Nahrung auskommen können) nicht unbedingt auf einen übernatürlichen Eingriff von Gott zurückzuführen sein müssen, diese aber durchaus paranormale Fähigkeiten darstellen.7 Anders als im Christentum werden aber auch hier die historischen Quellen, in denen über das Leben von Krishna berichtet werden, ebenfalls mehrere hundert Jahre nach den eigentlichen Ereignissen datiert.8
Der Islam verfügt durchaus über einen Platz für das Übernatürliche. Clark bemerkt, dass Mohammed es abgelehnt hat, Wunder zu wirken, als er dazu herausgefordert wurde, obwohl er beispielsweise anerkannte, dass Mose vor ihm bereits Wunder wirkte.9 Unabhängig von der jeweiligen muslimischen Tradition sind sich die meisten Muslime einig, dass die überragende Schönheit des Korans das grösste Wunder ist, welches Mohammed und seinen Dienst authentifiziert.10
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Wunderberichte zwar in einigen religiösen Traditionen gefunden werden, viele davon aber mehrere Hundert Jahre nach den eigentlichen Ereignissen datiert werden. Andere Religionen und Traditionen hingegen verfügen nicht über einen geeigneten theologischen Kontext, in dem man ein übernatürliches Eingreifen in das Weltgeschehen von irgendwelchen Akteuren erwarten könnte.
Umgang mit Wunderberichten
Wie bereits C. S. Lewis feststellte, müssen sich Christen nicht zur Aussage verpflichten, dass unter Heiden niemals Wunder stattgefunden haben.12 Auch in der Bibel wird von übernatürlichen Ereignissen ausserhalb des christlichen Kontexts berichtet. So wird zum Beispiel von einem Mann genannt Simon berichtet, der die Menschen von Samaria mit seiner Magie beeindruckt hat (Apg 8:9-11). Dementsprechend müssen nicht alle derartigen Behauptungen widerlegt werden. Gleichzeitig brauchen derartige Behauptungen aber auch nicht voreilig Gott zugeschrieben werden.
Die anscheinend wahrheitsgetreuen Wunderberichte von anderen Religionen sollten von Fall zu Fall untersucht werden. Manchmal stellt sich heraus, dass es sich um Illusionen oder einen Schwindel handelt. Bei anderen Berichten könnte es sich um Legenden handeln, die sich im Laufe der Zeit so entwickelten (speziell bei älteren Traditionen). Zudem können eine Reihe anderer natürlicher Erklärungen postuliert werden. Das biblische Zeugnis bestätigt aber auch die Realität von (gefallenen) Engeln. Dementsprechend ist es nicht auszuschliessen, dass einige der vermeintlichen Wunder auf dämonische Aktivität (von gefallenen Engeln) zurückzuführen sind.
Schlussfolgerung
Im Vergleich zu Wunderberichten anderer Religionen sind diejenigen, die Jesus von Nazareth zugeschrieben werden, besser attestiert. Dabei handelt es sich um mehr Berichte, die früher datiert werden und sich in einem hohen Mass untereinander bestätigen. Wunderberichte anderer Religionen hingegen werden jeweils hundert Jahre und noch später als das eigentliche Ereignis datiert.
Bei wiederum anderen Religionen kommen Wunder in ähnlicher Art, wie wir sie bei Jesus Christus finden, überhaupt nicht vor. Einige buddhistische und hinduistische Schulen verfügen nicht über die Vorstellung eines übernatürlichen Wesens, das in den natürlichen Lauf der Dinge eingreifen könnte. Der Koran schreibt Mohammed selbst keine Wunder zu, ausser der Erhabenheit des Korans selbst.
Nichtsdestotrotz müssen sich Wunderberichte in anderen Religionen nicht unbedingt als falsch erweisen. Falls sich der eine oder andere dieser ausserbiblischen Berichte als wahrheitsgetreu herausstellen sollte, ist es denkbar, dass ein solches Ereignis auf dämonische Aktivität zurückzuführen ist.
Fussnoten
- Gary R. Habermas, The Risen Jesus & Future Hope (Lanham: Rowman & Littlefield, 2003), 91. Hinweis: Bei der Logienquelle “Q” handelt es sich um eine Quelle, deren Existenz nicht eindeutig bewiesen ist. Für eine kritische Beurteilung siehe Eta Linnemann, Bibelkritik auf dem Prüfstand: Wie wissenschaftlich ist die «wissenschaftliche Theologie»? (Nürnberg: VTR, 1990). ↩︎
- John Meier, A Marginal Jew: Rethinking the Historical Jesus, 3 vols. (New York: Doubleday, 1987-2001), 2:970 ↩︎
- Edwin Yamauchi, Jesus, Zoroaster, Buddha, Socrates, Mohammad, rev. ed. (Downers Grove, IL: InterVarsity Press, 1972), 40. ↩︎
- David K. Clark, “Miracles in the World Religions,” In In Defense of Miracles: A Comprehensive Case for God’s Action in History, ed. Douglas Geivett and Gary R. Habermas (Downers Grove, IL: InterVarsity Press, 1997), 202-203. ↩︎
- Edward J. Thomas, The Life of Buddha as Legend and History (London: Routledge and Kegan Paul, 1949), 211-248. ↩︎
- David K. Clark, “Miracles in the World Religions,” In In Defense of Miracles: A Comprehensive Case for God’s Action in History, ed. Douglas Geivett and Gary R. Habermas (Downers Grove, IL: InterVarsity Press, 1997), 203. ↩︎
- David K. Clark, “Miracles in the World Religions,” In In Defense of Miracles: A Comprehensive Case for God’s Action in History, ed. Douglas Geivett and Gary R. Habermas (Downers Grove, IL: InterVarsity Press, 1997), 210. ↩︎
- Gary R. Habermas, The Risen Jesus & Future Hope (Lanham: Rowman & Littlefield, 2003), 95. ↩︎
- David K. Clark, “Miracles in the World Religions,” In In Defense of Miracles: A Comprehensive Case for God’s Action in History, ed. Douglas Geivett and Gary R. Habermas (Downers Grove, IL: InterVarsity Press, 1997), 203-204. ↩︎
- David K. Clark, “Miracles in the World Religions,” In In Defense of Miracles: A Comprehensive Case for God’s Action in History, ed. Douglas Geivett and Gary R. Habermas (Downers Grove, IL: InterVarsity Press, 1997), 203-204. ↩︎
- Pixabay, kaheel7. ↩︎
- C. S. Lewis, Miracles: A Preliminary Study (New York: Macmillan, 1960), 132. ↩︎