Die Feinabstimmung des Universums als Argument für Gottes Existenz

Sowohl im Grossen als auch im Kleinen des Kosmos offenbart sich eine beeindruckende Präzision – eine Feinabstimmung des Lebens. Doch sind diese Ordnung und Schönheit das Ergebnis von Zufall oder steckt ein bewusster Plan dahinter? In diesem Text begeben wir uns auf die Suche nach Antworten, indem wir uns mit einem teleologischen Argument beschäftigen.

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Teleologische Argumente sind Argumente, die auf der Beobachtung der Ordnung und Komplexität in der Natur basieren. Sie haben eine lange Geschichte und werden oft verwendet, um die Existenz Gottes zu begründen. Im Folgenden werden die Voraussetzungen (Prämissen) eines solchen Arguments zur Feinabstimmung des Universums vorgestellt.

Prämisse 1: Das Universum ist fein abgestimmt.

Erklärung: Diese Prämisse besagt, dass bestimmte physikalische Konstanten und Bedingungen im Universum so eingestellt sind, dass Leben möglich ist.

Prämisse 2: Zufall, Notwendigkeit oder Design ist die Erklärung für die Feinabstimmung des Universums.

Erklärung: Es gibt drei mögliche Erklärungen für diese Feinabstimmung: Zufall (d. h. man könnte argumentieren, dass die richtigen Werte der Konstanten rein zufällig sind), Notwendigkeit (d. h. es gibt möglicherweise eine Theorie, die diese fein abgestimmten Werte notwendig macht) oder Design (d. h. ein Designer (Gott) könnte das Universum absichtlich so gestaltet haben).

Prämisse 3: Zufall oder Notwendigkeit sind nicht die Erklärung für die Feinabstimmung des Universums.

Erklärung: Diese Prämisse schliesst die ersten beiden Erklärungen aus und legt nahe, dass Design die plausiblere Erklärung ist.

Konklusion: Deswegen ist Design die Erklärung für die Feinabstimmung des Universums.

Erklärung: Wenn wir die ersten drei Prämissen akzeptieren, folgt daraus, dass ein Designer (Gott) das Universum absichtlich so gestaltet hat.

Hinweis: Klappe die Reiter oben auf, um eine Erklärung anzuzeigen.

In den folgenden Abschnitten werden die drei zentralen Prämissen des teleologischen Arguments vorgestellt. Werden diese Prämissen akzeptiert, ergibt sich daraus eine zwingende Schlussfolgerung. Doch sind diese drei Prämissen tatsächlich stichhaltig?

Das Universum ist fein abgestimmt

Die Feinabstimmung des Universums wird offenbar, wenn man die physikalischen Konstanten des Universums betrachtet. Als die vier «fundamentalen Wechselwirkungen» oder auch «Grundkräfte der Physik» werden bezeichnet: Gravitation, elektromagnetische Wechselwirkung, schwache Wechselwirkung und starke Wechselwirkung. Jede dieser Grundkräfte muss sich in einem sehr kleinen Bereich bewegen, um Leben im Universum zu ermöglichen.1

Nehmen wir die Gravitationskraft als Beispiel: Ohne sie würden Massen nicht zusammenhalten. Auch Sterne und Planeten könnten sich nicht formen. Der Physiker Paul Davies schätzt, dass eine Änderung der Gravitationskraft um 1:1060 dazu geführt hätte, dass kein Leben in diesem Universum möglich gewesen wäre.2

Neben den vier fundamentalen Wechselwirkungen muss auch die kosmologische Konstante in einem sehr justierten Bereich liegen, um Leben zu ermöglichen. Die kosmologische Konstante spielt eine entscheidende Rolle bei der Erklärung der Expansion des Universums. Dieser Wert muss laut dem Astronomen Martin Rees in einen winzigen Bereich von 1 zu 1053 (das ist eine 1 gefolgt von 53 Nullen) fallen.3 Er darf nicht kleiner sein, weil es sonst keine Energiequellen wie Sterne geben würde und er darf nicht grösser sein, weil sonst das Universum in sich selbst zusammenfallen würde. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass es von 1053 möglichen Werten genau diesen einen Wert annehmen muss. Eine andere Schätzung geht sogar davon aus, dass dieser Wert noch deutlich kleiner ist und bei 1:10120 ist.

In Bezug auf die Feinabstimmung des Universums äusserte der Astronom Fred Hoyle: «Eine Interpretation der Fakten nach gesundem Menschenverstand suggerieren, dass ein Super-Intellekt mit der Physik, Chemie und Biologie herumgespielt hat und dass es keine blinden Kräfte gibt, die der Rede wert sind.»4

Zufall und Notwendigkeit als Erklärung für die Feinabstimmung des Universums

Nun drängt sich die Frage nach der Erklärung für die Feinabstimmung des Universums auf. Kann diese durch Zufall oder Notwendigkeit (vgl. Prämisse 3) erklärt werden?

Die Zahlen legen nahe, dass die Wahrscheinlichkeit, eine derartige Feinabstimmung rein zufällig zu beobachten, verschwindend gering ist. Es wäre unwahrscheinlicher, als wenn Wilhelm Tell von der Erde aus den Apfel auf dem Kopf seines Sohnes auf dem Mond treffen würde. Daher reicht der Zufall allein als Erklärung nicht aus, wenn es nur ein Universum gibt. Aber was, wenn es eine riesige Anzahl Universen gäbe? Ein Multiversum. Dann würde sich die Chance auf Leben erhöhen. Allerdings gibt es keine Belege für die Existenz eines Multiversums. Zudem weisen die Philosophen Del Ratzsch und Jeffrey Koperski darauf hin, dass ein Multiversum allein noch nicht eine ausreichende Erklärung für die Feinabstimmung darstellt, da wir mehr darüber wissen müssten, wie solche Universen entstehen.5 Theorien über die Entstehung mehrerer Universen erfordern sogenannte Randbedingungen («boundary conditions»), die wiederum fein abgestimmt sein müssen. Letztendlich könnte auch ein Multiversum gezielt gestaltet worden sein. Um die Entstehung des Universums durch «Zufall» zu erklären, bräuchten wir konkrete Belege für ein Multiversum, das nicht selbst fein abgestimmt ist.

Manchmal wird eingewendet, dass die Feinabstimmung nur beobachtet werden kann, wenn man überhaupt existiert (schwaches anthropisches Prinzip). Martin Rees formuliert es so: «Einige argumentieren, dass man über die Feinabstimmung des Universums nicht überrascht sein muss, denn ansonsten könnten wir gar nicht existieren.»6 Doch das bedeutet nicht, dass die Feinabstimmung keine Erklärung erfordert. Ein anschauliches Beispiel dazu: Stell dir vor, du stehst vor einem Exekutionskommando, das dich gleich erschiessen wird. «Bereit … zielen … Feuer!» Doch das ist nicht das letzte, was du siehst. Erstaunt blicken dich die Schützen an. Du bist jedoch gesund und munter. Der Kommandant ruft aus: «Warum bist du so überrascht? Wenn sie dich alle getroffen hätten, dann wärst du nicht hier, um dies zu beobachten.»7 An dieser Stelle wäre es jedoch nur logisch, eine Begründung oder Erklärung dafür zu suchen, weshalb du noch am Leben bist.

Aber könnte «Notwendigkeit» der Grund für die Feinabstimmung des Universums sein? Das würde bedeuten, dass das Universum zwangsläufig eines sein muss, in dem Leben möglich ist. Doch wer sagt uns, dass das Universum notwendigerweise Leben ermöglichen muss? Es ist denkbar, dass es ein Universum geben könnte, in dem kein Leben existiert. Insbesondere bei einer Vielzahl von Universen wäre es leicht vorstellbar, dass die meisten von ihnen nicht die geeigneten Bedingungen für Leben aufweisen. Nur wenn wir dies ausschliessen könnten, könnten wir behaupten, dass eine Feinabstimmung, die Leben ermöglicht, notwendig ist. Erst dann wäre die Notwendigkeit eine plausible Erklärung.

Design als Erklärung für die Feinabstimmung des Universums

Die zweite Prämisse («Zufall, Notwendigkeit oder Design ist die Erklärung für die Feinabstimmung des Universums.») beschränkt die möglichen Erklärungen für die Feinabstimmungen auf Zufall, Notwendigkeit und Design. Diese drei Optionen sind die vielversprechendsten und am häufigsten diskutierten. Nachdem wir sowohl Zufall als auch Notwendigkeit als mögliche Erklärungen ausgeschlossen haben, bleibt somit nur «Design» als Erklärung. Das Universum wurde gezielt gestaltet.

Der Psalmist gelangte durch das Betrachten des Sternenhimmels zu einer ähnlichen Schlussfolgerung:

Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Ausdehnung verkündigt das Werk seiner Hände. Ein Tag sagt es dem anderen, und eine Nacht tut es der anderen kund. 

Psalm 19:2-3

Fussnoten

  1. Friederich, Simon, „Fine-Tuning“, The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Winter 2023 Edition), Ed. Edward N. Zalta & Uri Nodelman, https://plato.stanford.edu/archives/win2023/entries/fine-tuning. ↩︎
  2. Paul Davies, The Accidental Universe (Cambridge: Cambridge University Press, 1982), 88-89. ↩︎
  3. Martin Rees, Just Six Numbers: The Deep Forces that Shape the Universe (New York: Basic Books, 2001), 95-102, 154-55. ↩︎
  4. Fred Hoyle, „The Universe: Past and Present Reflections,“ in Engineering and Science 45, no. 2 (November 1981): 8–12. ↩︎
  5. Del Ratzsch and Jeffrey Koperski, „Teleological Arguments for God’s Existence“, The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Sommer 2020 Edition), Ed. Edward N. Zalta, https://plato.stanford.edu/archives/sum2020/entries/teleological-arguments. ↩︎
  6. Martin Rees, „Exploring Our Universe and Others,“ Scientific American Special Issue: The Once and Future Cosmos (2002), 87. ↩︎
  7. In Anlehnung an John Leslie, “How to Draw Conclusions from a Fine-tuned Universe,” in Physics, Philosophy and Theology: A Common Quest for Understanding, Ed. R. J. Russell, W. R. Stoeger and G. V. Coyne (Vatican City: Vatican Observatory Press, 1988), 304. ↩︎